Ein missverstandener Komponist
Heutzutage gelten Robert Gerhard als Pionier und seine Kompositionen als hochaktuell, doch zu Lebzeiten traf sein Schaffen bei seinen Zeitgenossen nicht immer auf Verständnis. „Gerhard scheint bereit zu sein, sich in die Reihe der Revolutionäre zu stellen, die glauben, dass das ganze Geheimnis der modernen Musik darin besteht, falsch zu klingen“, so eine Kritik der „La Vanguardia“ über ein Tributkonzert, das 1929 in Barcelona gegeben wurde.
Der spätere Lieblingsschüler von Arnold Schönberg wurde 1896 als Sohn des Deutsch-Schweizers Robert Gerhard, der in Vilafranca del Penedès im Weinexport tätig war, und Maria Ottenwaelders, einer elsässischen Französin, geboren. Gerhard, der dazu bestimmt war, das Familienunternehmen weiterzuführen, begann zunächst ein Handelsstudium, verfolgte jedoch bald schon seinen Wunsch, sich der Musik zu widmen. Er studierte bei Granados, Pedrell und Schönberg. Um sich in den zwanziger Jahren in Wien sein Studium zu finanzieren, arbeitete er als Lehrer und Übersetzer für Spanisch und Katalanisch. Schönberg führte ihn in die Zwölftonmusik ein, die Gerhard auf seine ganz persönliche Art und Weise, die zum Teil auf traditioneller katalanischer Musik beruhte, weiterkultivierte.
Mit Manuel Blancafort, Manuel Lamote de Grignon, Federic Mompou, Eduard Toldrà und Baltasar Samper schloss er sich zu den „Compositors Independents de Catalunya (Unabhängige Komponisten Kataloniens) zusammen. Politisch stand Gerhard Francesc Macià nahe und war ein enger Freund des Dichters und Politikers Ventura Gassol, einem Mitglied der Esquerra Republicana de Catalunya (ERC, Republikanische Linke von Katalonien). In einem Interview mit französischen Medien beschrieb er sich selbst als hundertprozentig katalanisch, im Gefühl und im Geiste.
Sein Bruder Carles Gerhard i Ottenwaelder war ein republikanischer Politiker und während des Bürgerkrieges Kommissar der Regierung Montserrats. Er wurde später nach Mexiko verbannt, wo er 1976 starb. Auch Robert Gerhard selbst musste mit seiner Frau, der Wienerin Leopoldina Feichtegger Podli, ins Exil gehen, zuerst nach Paris und dann nach Cambridge, wo er den Rest seines Lebens verbringen sollte. Hier arbeitete er mit der Musikabteilung des King’s College zusammen und entwickelte sein Hauptwerk, das auch dank der BBC große Bekanntheit erlangte.
Konzertprogramm verschoben auf 2021
Anlässlich des 50. Todestages Gerhards, der mit dem 50. Todestag Josep Carners und dem 250. Geburtstag Beethovens zusammentrifft, hat das Institut d’Estudis Vallenc ein Programm mit Konzerten und Konferenzen organisiert, unter Beteiligung der Camerata Eduard Toldrà, dem Dirigenten Edmond Colomer und anderen. Joaquim Garrigosa, der Koordinator des Gerhard-Jahres, plant Veranstaltungen im ganzen Land. Sie werden jedoch erst in der kommenden Saison stattfinden; 2021 jährt sich der Geburtstag Gerhards zum 125. Mal. Einer der wichtigsten Meilensteine des Jahres ist die Aufführung eines seiner berühmtesten Stücke: „La pesta“ für Erzähler, Chor und Orchester (1964). Außerdem ist eine Interpretation von „L’alta naixença del rei en Jaume“ (1932) geplant.
(Quelle der biografischen Details: „Robert Gerhard, un compositor inconformista i cosmopolita“ in der Zeitschrift „Ara“, veröffentlicht von Valèria Gaillard am 26.01.2020.)